Die Artillerie kann man nach ihren Gefechtseigenschaften in Kanonen, Haubitzen, Panzerabwehrkanonen (Pak), reaktive Artillerie, Granatwerfer und Gebirgsartillerie unterscheiden. Aber auch der Art und Weise ihres Transports in gezogene, selbstfahrende, SFL- und tragbare Artillerie. Aber auch nach den konstruktiven Besonderheiten unterscheidet man in Artillerie mit gezogenem oder glattem Rohr sowie rückstoßfreie oder reaktive Artillerie.
Kanonen
sind langrohrige Artilleriegeschütze mit vergleichsweise hoher Anfangsgeschwindigkeit
ihrer Granaten und großer Reichweite. Kanonen weisen eine rasante
Flugbahn der Geschosse auf, erfordern eine große Masse an Treibladung
und werden zum Flachfeuerschießen auf große Entfernungen eingesetzt.
Geschütze
mit kürzerem Rohr als das der Kanone nennt man Haubitzen. Sie
werden zum Schießen von Steilfeuer auf Ziele, die sich hinter Deckungen
befinden, eingesetzt. Die Anfangsgeschwindigkeit ihrer Geschosse
und damit ihre Schußweite sind geringer als die der Kanone. Dadurch
sind die Flugbahn der Geschosse stärker gekrümmt.
Kanonenhaubitzen
erfüllen Feueraufgaben sowohl als Kanone als auch als Haubitze. Sie
sind Kanonen gleichen Kalibers in Reichweite unterlegen, verfügen
aber nicht wie Haubitzen gleichen Kalibers über die große Krümmung
der Geschoßflugbahn.
Panzerabwehrgeschütze
sind zur Bekämpfung von Panzern und anderen gepanzerten Zielen bestimmt.
Hohe Durchschlagsleistung, Rasanz der Flugbahn und Manövrierfähigkeit
sind wichtige Eigenschaften der Pak.
Granatwerfer
sind kurzrohrige Geschütze, die Steilfeuer mit großem Erhöhungswinkel
führen.
Rückstoßfreie
Geschütze sind Waffen mit dynamoreaktiver Wirkungsweise ohne Rücklauf
des Rohres nach dem Abschuss.
Geschosswerfer
sind Gefechtsfahrzeuge der reaktiven Artillerie, die Mehrfachstartvorrichtungen
tragen, mit denen ungelenkte Raketengeschosse abgefeuert werden.
Fla-Geschütze
sind zur Vernichtung von Luftzielen bestimmt. Die kleinkalibrigen Geschütze
(bis 70-mm) und Fla-MG wurden zur Bekämpfung tieffliegender Ziele,
Flak bis einschließlich 100-mm zur Bekämpfung von Zielen in
mittlerer und großer Höhe eingesetzt. In Ausnahmefällen
kann die Fla-Waffen auch zum Kampf gegen Erdziele eingesetzt werden. Dabei
muss die Waffen große Reichweite, hohe Feuergeschwindigkeit und Treffergenauigkeit
besitzen. Die Luftziele werden durch die bei der Detonation der Granate
entstandenen Splitter zerstört. Die Detonation der Granate kann durch
Aufschlag- und/oder Distanzzünder erfolgen.
1949 - 1952
Die ersten sowjetischen
Artilleriewaffen waren 19 Stück 76-mm-SFL
SU-76M, die Ende 1949 in der HVA reinen Lehrzwecken dienten. Diese
Waffen gingen an die damaligen drei B-Schulen. Ende 1950 wurden davon zwei
Schulen aufgelöst.
Neben den SFL
erhielt die HVA im März und April 1950 folgende sowjetische Ausbildungswaffen:
1952 - 1956
Die letzten 40
Stück SFL SU-76M erhielt die neugegründete KVP im August und
September 1952. Ebenfalls im Sommer des gleichen Jahres folgten eine einmalige
Lieferung von 23 Stück 100-mm-SFL
SU-100 und 46 Stück 85-mm-SFL SU-85.
Im Juni und im
Oktober 1952 wurden die damals bestehenden Bereitschaften vollständig
mit sowjetischen Waffen ausgerüstet. So wurden die Bestände der
bereits vorhandenen Artilleriewaffen weiter aufgestockt, gleichzeitig aber
auch folgende "neue" Waffen zugeführt:
Jede TV besaß zwei A-VP-Bereitschaften, eine Mechanisierte-VP-Bereitschaft sowie mehrere direkt unterstellte Abteilungen und Kommandos. Der TV-Stellvertreter B zeichnete verantwortlich für ein B-Kdo., ein S4-Kdo. (Panzerjäger-Kdo.), sowie ein S5-Kdo. (Flak-Kdo.), also drei Artillerie-Kdo`s. Das B-Kdo. gliederte sich in eine B-Aufklärungs-Abteilung, eine 152-mm-Haubitz-Abteilung und zwei 152-mm-Kanonen-Haubitz-Abteilungen. Das S4-Kdo. bestand unter anderem aus sechs Panzerjäger-Kompanien, das S5-Kdo. gliederte sich in drei 85-mm-Kompanien und drei 37-mm-Kompanien.
Bestand
an Artilleriesystemen Stand am 25.05.1955:
je
ein B-Kommando mit 36 Rohren 152-mm (ein B-Kdo. mit 36 x 152-mm-KH ML-20,
ein Kdo. mit 20 x 152-mm-H D-1 und 16 x 152-mm-K 10/34 plus 9 Geschütze
an Schulen)
je
ein S4-Kommando mit 24 Rohren der 76,2-mm-Kanonen ZIS-3
Stand
am 25.05.1955:
je
ein B-Kommando mit 36 (3 x 12) 122-mm-Haubitzen und 36 (3 x 12) 76,2-mm-Kanonen
je
ein S4-Kommando mit 54 (3 x 18) 120-mm-GW
Stand
am 25.05.1955:
je
ein B-Kommando mit 36 (3 x 12) 122-mm-Haubitzen
je
ein S6-Kommando mit 54 (3 x 18) 120--mm-GW
Stand
am 25.05.1955:
je
ein B-Abteilung mit 12 76,2-mm-Kanonen
je
drei S6-Kompanien mit 6 Werfern
je
drei S4-Kompanien mit 6 57-mm-Pak
Stand
am 25.05.1955:
das
A-Kommando:
je
ein S4-Kompanie mit 6 57-mm-Pak
je
ein S6-Kompanie mit 6 120--mm-GW
je
eine SFL-Kompanie mit 6 76,2-mm-SFL SU-76M
die
A-Abteilung:
je
eine S4-Kompanie mit 6 57-mm-Pak
je
eine S6-Kompanie mit 6 82-mm-GW
Hier die Lehrstrukturen der Artillerieeinheiten:
1956 - 1962
Der Beginn des
Aufbaus der NVA im Frühjahr 1956 markierte auch die Entstehung der
Waffengattung "Artillerie".
Da es hier aber
nicht um die Entwicklung der Waffengattung "Artillerie" gehen soll, sondern
um die Waffen, nur so viel:
1956 verfügte
die Artillerie der NVA über einen Gesamtbestand von 2098 Geschützen
und Granatwerfern. Trotzdem erfolgte die Ausrüstung der verschiedenen
Artillerietruppenteile zum Teil mit Ersatzbewaffnung. Ein weiterer Teil
der Einheiten war "kadriert", war also technisch ausgerüstet, aber
ohne Personal.
Es wird auch
noch lange dauern, bis sämtliche Einheiten aufgebaut und entsprechend
ausgerüstet sind.
WIe die Artillerieeinheiten
unterstellt, bzw. strukturiert waren, zeigt folgende Grafik.
Keine andere
Waffengattung der NVA wird solchen Umwälzungen unterworfen sein wie
die Artillerie, nirgens gibt es so viele verschiedene Waffensysteme, nirgens
wird der wissenschaftlich-technische Fortschritt so gravierende Änderungen
hervorrufen.
In den Jahren
1956 bis 1962 wurden eine Vielzahl neuer sowjetischer Waffensysteme in
die NVA eingeführt. So zum Beispiel:
82-mm-rückstoßfreies Geschütz B-10 | |
107-mm-rückstoßfreies Geschütz B-11 | |
57-mm-selbstfahrende Panzerabwehrkanone | |
85-mm-selbstfahrende Kanone | |
85-mm-Panzerabwehrkanone D-44 | |
85-mm-Kanone 52 | |
100-mm-Flak KS-19M2 | |
SPW 40 A mit 14,5-mm-Zwilling-Fla-MG | |
SPW 152 E mit 14,5-mm-Zwilling-Fla-MG | |
14,5-mm Fla-MG SPU-2 Zwilling | |
14,5-mm Fla-MG SPU-4 Vierling | |
Fla-SFL 57/2 |
(Da ich das Fahrrad nicht neu erfinden werde, mutze ich bei der Beschreibung einzelner Waffen die vorhandenen Handbücher und Vorschriften)
Folgende Waffensysteme
wurden für Einheiten der NVA geplant, aber nicht zugeführt:
160-mm-Divisions-Granatwerfer | |
122-mm-Kanone D-74 | |
130-mm-Flak KS-30 | |
reaktiver Werfer BM-14 | |
122-mm-SFL SU-122-54 |
Interessant bei
den Recherchen war eine Notiz vom 01.11.1957. Hier ging es um Abgaben von
verschiedenen Waffen an das MdI und das MfS. Unter anderem wurden an das
MdI Geschoßwerfer P-27 und T-21
übergeben.